Film und Foto sind mediale Geschwister, also wundert es nicht, wenn Kamerafrauen und -männer auch fotografieren.
Peter Moritz ist da keine Ausnahme. Doch dass ein Kameramann nach einem langen Arbeitsleben, in dem er mit allen Techniken, in allen Genres gearbeitet hat, noch einmal ganz von vorn beginnt und die Fotografie insgesamt für sich neu entdeckt - das ist schon eher selten.
Und das Ergebnis ist ebenso ungewöhnlich wie ansehnlich.
Was Peter Moritz in seinen Fotografien zeigt, sind - sicherlich - extreme Ausschnitte der Realität, und doch wirken die Bilder wie jene Großprojektionen, die seit einigen Jahrzehnten Konzerte von elektronischer Musik begleiten - oder eben wie abstrakte Gemälde. Der Unterschied zu den Projektionen liegt in der festen Form des Bildes, das sich in der Zeit nicht verändert. Der Unterschied zu Gemälden liegt in der spezifischen fotografischen Faktur, dem ganz flachen Bild ohne Pinselstrich und pigmentierter Materialstärke.Es sind und bleiben fotografische Bilder, ebenso abstrakt wie real.
Die Bilder schweben vor unseren Augen, sie ziehen einen an - und wenn man ganz nah vor ihnen steht, wirken sie wie vulkanische Landschaften, gelegentlich auch wie Ausschnitte des Universums, aber ganz ohne kosmische Mystik. Sofort tritt man wieder zurück, um das ganze Bild zu sehen - und ist dann doch ebenso verloren im Farbenrausch wie zuvor aus nächster Nähe.
Die Bildbetrachtung ist eine reine, eine ganz abstrakte Freude.
Wer beginnt, sich über das Dargestellte Gedanken zu machen, sollte sich nicht wundern, wenn man dabei verloren geht oder ist.
Das Fotograf sagt nichts dazu, und das ist gut so. Und doch bleibt ein klarer Bezug zur sichtbaren Realität, sei es in einzelnen Kanten mit ihren Drehungen, in Oberflächen, die wie verglast wirken, oder in Farbverläufen , von denen man annimmt, sie schon einmal irgendwo gesehen zu haben - nur wo das war, ist dem Gedächtnis entfallen.
Also beginnen die eigenen Assoziationen im Anschauen, und dabei entsteht die Kunst.
Was offen ist für viele Interpretationen, wirkt bei jeder neuen Betrachtung selbst neu.
Und wenn man diese Interpretationen mit anderen Menschen teilt oder tauscht, entsteht unversehens das, was die Bilder sind
und sein wollen: Kunst.
Rolf Sachsse